Yoga und Meditation in Schenefeld 
 

Besuch des Osho-Ashrams (2009)


Der Besuch des Osho-Ashrams beginnt mit einer Aids Untersuchung und einer umfänglichen Registrierung. Nach dem nicht geringen Eintrittsgeld von 1550 Rupees pro Nase wird es noch gefordert, die vorgeschriebene Kleiderausstattung im ashrameigenen Laden zu erwerben, bei einem eintägigen Aufenthalt ein beachtlicher Aufwand, aber um Einlass zu finden zu den täglich stattfindenden Meditationen benötigt man bis 16 Uhr die rote und ab 16 Uhr die weiße Robe.

Die zum Ashram gehörenden Grundstücke zeichnen sich durch üppige Vegetation aus, die Architektur ist durchweg in Schwarz gehalten, durchgestaltet bis zur Farbe der Plastikmöbel in den Restaurants. Die Meditationshalle ist als Pyramide angelegt, ein schwarzer geschliffener Edelstein, umkränzt von Wasserbecken. Im Zusammenwirken mit einheitlich weiß oder rot gekleideten Gestalten fühle ich mich erinnert an ein antikes Hofzeremoniell.
Die Einführung in die Kundalini-Meditation hat einen unterkühlt professionellen  Touch. Die etwa 100 Teilnehmer machen in der stark heruntergekühlten Halle mit ihren langsamen Bewegungen einen eher zaghaften Eindruck.
Für die Hauptzeremonie am Abend in weißer Robe werde ich von den Kontrolleuren am Eingang angewiesen, meine helle Hose und das T-Shirt unter der Robe auszuziehen, was in der kühlen  Halle nicht gerade die beste Voraussetzung für einen wohligen Aufenthalt ist.
Nach einleitender Musik der 80er Jahre und einigen Osho-Ausrufen der cirka 250 Teilnehmer kommt eine 5-minütige Phase der Stille, die 3-mal von lauter Musik unterbrochen wird. Nach einem lauten Gong erscheint übergangslos Osho auf einer großen Leinwand und spricht rund 45 Minuten.
Er stellt heraus, wie wichtig es ist, die Erleuchtung im Alltag wirksam werden zu lassen, bei jeder beliebigen Tätigkeit und erklärt, dass wir den Verstand gewinnen und überzeugen  können, die mit der Erleuchtung erfolgende Umwandlung der Persönlichkeit zu unterstützen. Der Verstand folge der Erfahrung, er unterstütze sogar den Wandel. Der Verstand sei ein guter Dienstleister, dürfe aber nicht der Chef der Person sein. Die Hauptintelligenz der Person muss eher beim Bewusstsein liegen, auch beim Körper. Er erklärt, dass der Körper ohne unseren Verstand zu Hilfe zu nehmen, jeden Tag Hunderte von Wundern vollbringt. Über die Intuition können wir uns mit unserem Verstand dieser übergeordneten Intelligenz anvertrauen.
Bei aller Betonung von Natürlichkeit der Erleuchtungserfahrung im Alltäglichen stellt sich die Frage nach dem Sinn der Aufmachung von Osho, die  ihn mehr zu einem Außerirdischen macht und auch dem Sinn seiner stilisierten Langsamkeit. Oder ist das Selbstironie???
Oder macht er sich lustig über die Erwartungshaltung seiner Anhänger und das triviale Bild eines Heiligen? Dann wundert mich aber der Ernst, mit dem hier irgendwelche Regeln eingefordert werden.  Da fehlt jede Selbstironie, jede Schalkhaftigkeit.
Noch mehr erscheint mir fragwürdig die Uniformierung des Auditoriums und die Ritualisierung des Ablaufs. Auf der einen Seite werden die Teilnehmer zu einer anonymen gesichtslosen Masse heruntergestuft (nicht mal ein Unterhemd ist erlaubt), auf der anderen Seite steht ein in Brokat gekleideter und auf erhöhter Position sitzender Außerirdischer mit der stilisierten Aura der Göttlichkeit, der aber unser aller Göttlichkeit herausstellt. Dieses Konzept wird nicht dadurch richtiger, dass man es auch in anderen spirituellen Bewegungen findet, es ist weder neu noch originell, schon gar nicht emanzipatorisch.
Wie auch immer. Osho ist ein schillernder Juwel im spirituellen Supermarkt und lockt immer noch einige  zu einer ersten abenteuerlichen Begegnung mit einer unbekannten Dimension und Möglichkeit in ihrem Leben. Tanz, Spaß und Eintauchen in etwas ganz anderes.  Die festen Regeln geben zusätzlich  auch eine gewisse Sicherheit auf einem ganz neuen Erfahrungsterrain. In der Überwindung einer Anhaftung bietet dieses Zentrum ungewollt eine persönliche Wachstumschance. Die Aufgabe jedes einzelnen ist die Differenzierung der weiterführenden Inhalte und Methoden von den begrenzenden Aspekten. Dass dieser Ort heute nicht mit dem zu Oshos Lebzeiten zu vergleichen ist versteht sich von selbst. Lebendiges Wachstum ist abgelöst, so scheint es mir,  von eher konservierenden Elementen. Hier wird sicher nicht mehr so viel riskiert, wie das zu Oshos Lebzeiten der Fall war.  Aber auch das ist der normale Lauf der Dinge.